deutsche wohnen (was singen die diven)
deutsche wohnen (was singen die diven) ist eine Filmoper über Verdrängung zwischen Moderne und Investment, Stalinallee und Hansaviertel, Obdachlosigkeit und der Frage, wie wir wohnen wollen.
„Jedes Haus eine Diva!“, so hieß es in einer vom Senat herausgegebenen Berlin-Broschüre von 1957 zum Hansaviertel, das als Antwort auf die nach Kriegsende in Ostberlin errichtete Stalinallee – der heutigen Karl-Marx-Allee – in Westberlin gebaut wurde. Die städtebaulichen Ideen sind in beiden Fällen geprägt von einer „Tabula rasa“, der Erfahrung der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und der Hoffnung auf einen gesellschaftlichen Neuanfang, der sogenannten Stunde Null. Für Ulf Aminde und Christoph Grund gibt es diese Stunde Null „1945“ nicht, sondern die Zäsur ergibt sich mit der Deportation der jüdischen Bevölkerung aus den Vierteln. In ihrer Arbeit nehmen sie beide Orte in den Fokus, befragen und verdichten die Geschichte und schlagen dabei den Bogen bis in die Jetztzeit. Dabei verknüpfen sie aktuelle Diskussionen und Debatten um Nationalismus, Rassismus und Erinnerung an jüdisches Leben mit den Mietkämpfen auf der Karl-Marx-Allee und der Frage nach Enteignung der Wohnungsgesellschaft Deutsche Wohnen.
Grundsätzlicher Ausgangspunkt der Kollaboration von Ulf Aminde und Christoph Grund mit unzähligen Bewohner*innen der beiden Viertel war die Frage was zu hören ist, wenn wir gebaute, belebte, erträumte und erinnerte Räume zum Klingen bringen lassen. Welche Arten der Raumproduktion und -nutzung wurden und werden in dem jeweiligen Viertel umgesetzt und wie lassen sie sich musikalisch wie auch performativ mit ihren Bewohner*innen, einem Aufnahmegerät und einer Kamera einfangen? In Interviews mit Bewohner*innen und Akteur*innen entstanden Texte, die sich zu Libretti, Sprechgesang und Arien verwandelten.
deutsche wohnen (was singen die diven) wurde musikalisch und filmisch inszeniert mit Gruppierungen und Einzelpersonen aus dem Hansaviertel und der Karl-Marx-Allee am 14. September2019 unter freiem Himmel im Innenhof des Einkaufszentrums am Hansaplatz uraufgeführt. Projektionen auf das Baldessari-Haus als auch auf die Wände im Innenhof wurden von einem Chor und den Musiker*innen begleitet. In der Aufführung überlagerten sich die unterschiedlichen Rhythmen, Zeitlichkeiten und Kontexte mit den realen Personen, Geräuschen und Aktionen vor Ort, aktualisierten die am Schnittraum editierten Projektionen und die im Studio komponierte Musik: die Diven des Hansaviertels begannen zu singen.
von und mit: Ulf Aminde, Christoph Grund, Birthe Bendixen, Miriam Schickler, Marlies Pahlenberg, Jonas Westergaard, Henry Grund, Sebastian Weise, dem Resonanz Chor, und vielen Bewohner*innen mit freundlicher Unterstützung des Studios für elektroakustische Musik der Akademie der Künste, Berlin